31.10.2021, 23:19 Uhr

Plaggenhieb in der Heide

In der Dellbrücker Heide wird eine traditionelle Nutzungsform aus Naturschutzgründen nachgeahmt...

Lebensraumtyp Trockene Heide
Lebensraumtyp Trockene Heide
© BUND Köln
Beim Plaggenhieb wurde früher mit einer speziellen Hacke, der Zwicke, die Vegetation samt Wurzelwerk abgeschlagen, um Ackerboden zu gewinnen. Die ebenfalls gewonnenen Plaggen (vergleichbar mit Grassoden) wurden bspw. als Einstreu für die Ställe genutzt, die genutzte Streu anschließend als Dünger auf die durch den Plaggenhieb geschaffenen Ackerflächen ausgebracht. Bis zur Einführung des Kunstdüngers war dies eine gebräuchliche Methode im Ackerbau.

Von der Heideterrasse ist außerdem die Schiffelwirtschaft überliefert, bei der die Plaggen getrocknet, aufgeschichtet und verbrannt wurden, um die Asche nachträglich als Dünger auf die neu entstandenen Ackerflächen auszubringen. So war ein Anbau bspw. mit Buchweizen und Getreidearten auf den von Natur aus sehr nährstoffarmen Heideterrassenböden für wenige Jahre möglich. Die Heideflächen, die einst weit verbreitet waren und heute nur noch aus wenigen Naturschutzgebieten bekannt sind, sind tatsächlich Brachestadien von ehemaligen Äckern. Denn eine Regeneration des Bodens benötigte oft mehr als zehn Jahre, in welchen die Zwergstrauchheiden wachsen konnten. 

Plaggenhieb
Plaggenhieb
© Pierre Lemaire
Beim Plaggenhieb entsteht unbewachsener und humusfreier Sand- und Kiesboden. Seltene, konkurrenzschwache Pioniergesellschaften und die zahlreichen, im Zuge der Sukzession (Vegetationsentwicklung) nachfolgenden Gesellschaften z.B. des streng geschützten Lebensraumtyps Trockene Heiden, mit ihnen so viele spezialisierte Tierarten wie die Heidekraut-Sandbiene, die Heidelerche oder der Dünen-Sandlaufkäfer bekommen so erst ihre Chance. Häufig ist es auch so, dass durch die Rohbodenherstellung Jahrzehnte alte Keimbetten z.B. vom Heidekraut (Calluna vulgaris) freigelegt werden, die zuvor keine Entwicklungschance mehr hatten.

Dünen-Sandlaufkäfer
Dünen-Sandlaufkäfer
© Holger Sticht
Der Plaggenhieb ist eine traditionell landwirtschaftliche Methode, die bis zur Industrialisierung unsere Kulturlandschaft über Jahrtausende hinweg mit geprägt hatte und insofern Teil unseres kulturellen Erbes ist. Dass sie für die biologische Vielfalt so positiv ist, liegt daran, dass es ähnliche dynamische Einflüsse auch von Natur aus immer gegeben hatte. Ein heute glücklicherweise wieder präsentes Beispiel ist das Wildschwein mit seiner Wühltätigkeit. Deswegen wird der Plaggenhieb in der Dellbrücker Heide wieder angewandt, wenn auch nur kleinflächig und punktuell am Rande bestehender Heideflächen. Und mit dem Wiedehopf anstelle der Zwicke. Denn Zwicken sind heute nicht mehr handelsüblich: sie sind sehr effektiv, aber auf Dauer kaum einzusetzen, ohne Schäden an Hüfte und Bandscheibe zu riskieren. Das ist im Übrigen auch einer der Gründe, warum bei der großflächigen Wiederherstellung von Heideflächen heute auch in der Dellbrücker Heide bisweilen Mini-Bagger zum Einsatz kommen.